Körpergröße und Gesundheit – Mehr oder weniger Risiken für große Menschen?

Zum Einfluss der Körpergröße auf die Gesundheit sind in den letzten Jahren eine Vielzahl von wissenschaftlichen Studien erschienen.

Im Folgenden fassen wir ihre zentralen positiven und negativen Ergebnisse speziell für große Menschen zusammen. 

(+) Geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Eine der eindeutigsten Zusammenhänge zwischen Körpergröße und Gesundheit ist, dass große Menschen ein gesünderes Herz und somit geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben als kleinere Menschen.

Die Uniklinik Düsseldorf hat 2020 die Daten von knapp 660.000 Patienten ausgewertet und kam zu dem für Große positiven Ergebnis, dass pro zehn Zentimeter Zunahme bei der Körpergröße das Risiko für einen Herzinfarkt bei Frauen um neun Prozent und bei Männern 13 Prozent abnahm.

In einer anderen Studie wurde festgestellt, dass das Risiko, an einer Herzerkrankung zu sterben, pro 6 cm Körpergröße um 6 % abnimmt.

Eine Annahme für diesen Zusammenhang ist, dass eine genetische Prädisposition von großen Menschen vor einem erhöhten Blutdruck schützt. So könnten diese Gene eine erhöhte Produktion genau des einen Hormons auslösen, das dem Körper hilft, den Blutzucker- und Cholesterinspiegel zu kontrollieren.

Prof. Norbert Stefan, Experte für klinische und experimentelle Diabetologie an der Universität Tübingen, wird im Hinblick auf die Ursachen für das geringe Herzinfarktrisiko von großen Menschen so zitiert: »Fettsäuren weniger, LDL-Cholesterin niedriger, Glukose niedriger und Hepatokine (Leberproteine) günstiger.«

(+) Weniger Typ-2-Diabetes

Eine Studie mit Daten von 2.500 Patienten in Deutschland kam zu dem Ergebnis, dass das Risiko für Typ-2-Diabetes bei Männern pro 10 Zentimeter zusätzlicher Körpergröße um 41 Prozent sank und sich bei Frauen um 33 Prozent reduzierte.

Das geringste Diabetesrisiko hatten in der Untersuchung diejenigen mit den längsten Beinen, vor allem bei Männern.

Es ist noch nicht eindeutig erwiesen, warum Diabetes und Körpergröße zusammenhängen, aber eine Theorie ist, dass eine geringe Körpergröße öfter auch ein Zeichen für schlechte Ernährung oder Stoffwechselprobleme sein kann. 

Weiterhin gibt es Untersuchungen, wonach genetische Faktoren, die mit dem Körperwachstum zusammenhängen, zu weniger Fettgehalt in der Leber, einer höheren Insulinempfindlichkeit und somit einer besseren Verwertung von Glukose führen.

(+) Alzheimer weniger wahrscheinlich

Körpergröße kann ein Vorteil sein, wenn es um das Demenzrisiko, vor allem bei Männern, geht.

Eine Studie mit 500 Männern ergab, dass Männer mit einer Körpergröße von 180 cm oder mehr ein fast 60 % geringeres Risiko haben, an Alzheimer zu erkranken, als Männer mit einer Körpergröße von 170 cm oder weniger.

Auch große Frauen haben ein geringeres Risiko, an Alzheimer zu erkranken. Der Zusammenhang mit der Körpergröße scheint bei Frauen allerdings nicht so eindeutig wie bei Männern. 

(+) Geringerer Haarausfall

Eine Studie mit mehr als 22 000 Männern aus sieben verschiedenen Ländern ergab, dass kleinere Männer ein höheres Risiko haben, kahl zu werden.

Auf der Suche nach Veränderungen im Genom, die dafür verantwortlich sind, dass Männer häufiger vorzeitig ihr Haar verlieren, entdeckten Wissenschaftler vier Gene, die sowohl mit der männlichen Glatzenbildung in Verbindung stehen als mit der Körpergröße.

Nach den guten Nachrichten, hier drei wissenschaftlich nachgewiesene, erhöhte Gesundheitsrisiken speziell für große Menschen:

(-) Höheres Krebsrisiko

Eine Vielzahl von Studien kommt zu dem Schluss, dass eine überdurchschnittliche Körpergröße eines Menschen zu einem erhöhten Krebsrisiko führt.

Eine 2022 durchgeführte Studie mit Daten von fast 800.000 Erwachsenen in Deutschland beziffert das erhöhte Krebsrisiko je 10 cm zusätzliche Körpergröße auf 11 % bei Frauen und 6 % bei Männern.

Der World Cancer Research Fund International hat die Risiken für verschiedene Krebsarten beziffert. Demnach erhöht sich das allgemeine Risiko für die folgenden sechs Krebsarten für jede zusätzliche 5 cm Körpergröße über der Durchschnittsgröße wie folgt:

  • Niere (10% erhöhtes Risiko)
  • Brustkrebs vor und nach der Menopause (9 % bzw. 11 % erhöhtes Risiko)
  • Eierstockkrebs (8 % erhöhtes Risiko)
  • Bauchspeicheldrüse (7 % erhöhtes Risiko)
  • Kolorektales Karzinom (5 % erhöhtes Risiko)
  • Prostata (4 % erhöhtes Risiko)

In der Wissenschaft werden vor allem zwei Gründe für den Zusammenhang von erhöhtem Krebsrisiko mit steigender Körpergröße genannt.

So kann eine überdurchschnittliche Körpergröße zum einen ein Zeichen für eine Überernährung sein, d. h. für den Verzehr von zu vielen kalorienreichen, tierischen Proteinen in verschiedenen Phasen des Wachstums und der Entwicklung, entweder während des gesamten Lebens oder vor der Geburt. Dies könnte Wachstumsprozesse auslösen, die Zellen anfällig für Mutationen machen.

Zum anderen gibt es einen weiteren, relativ offensichtlichen Zusammenhang, und der liegt in den Auswirkungen der Größe auf die Anzahl der Zellen.

Matthias Schulze vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung formuliert ihn so: „Die Körpergröße kann auch ein Indikator für die Größe eines Organs sein. Je größer das Organ ist, desto mehr Zellen sind der Gefahr einer bösartigen Transformation ausgesetzt.“

(-) Thromboserisiko steigt mit der Körpergröße

Eine Analyse der Daten von mehr als 2 Millionen Geschwistern in Schweden kam 2017 zu dem Ergebnis, dass Männer, die kleiner als 1,70 m waren, ein um 65 % geringeres Risiko hatten, eine venöse Thromboembolie – eine Art Blutgerinnsel, das in einer Vene entsteht – zu entwickeln, als Männer, die größer als 1,70 m waren.

Auch wurden die Ergebnisse von schwangeren Frauen unterschiedlicher Körpergröße analysiert, da eine Schwangerschaft ein Auslöser für diese Art von Blutgerinnseln sein kann.

Diejenigen schwangeren Frauen, die kleiner als 1,80 m waren, hatten ein um 69 % geringeres Risiko für eine venöse Thromboembolie als diejenigen, die größer als 1,80 m waren.

Gemäß Prof. Norbert Stefan von der Universität Tübingen stellt eine überdurchschnittliche Körperlänge das Venensystem vor sehr große Herausforderungen, da die Venen das Blut aus den Füßen wieder hoch zum Herzen transportieren.

„Je länger das Rohr, desto geringer die Zirkulationsgeschwindigkeit, desto mehr wird die Pumpe gefordert“, sagt Stefan. Das Risiko, dass ein Stau und damit eine venöse Thrombose entstünde, sei deshalb bei Menschen mit einer Körpergröße nahe an zwei Metern deutlich höher als bei Kleineren.

(-) Mehr Rückenschmerzen und Gelenkleiden

Viele große Menschen leiden unter Schmerzen im Rücken und in den Gelenken.

Bei einer Analyse der Daten von Wehrpflichtigen in Israel war bei den größten Männern die Wahrscheinlichkeit von Rückenschmerzen um 44 % höher als bei den kleinsten Männern.

Bei den großen Frauen war die Wahrscheinlichkeit von Rückenschmerzen um 22 % höher als bei den kleinen Frauen.

Ein Grund dafür liegt an den speziellen Anforderungen größerer Körperlängen an die Anatomie und Haltung. Weiterhin können Stühle und Tische, die nicht für lange Körper konzipiert sind, zu Rückenschmerzen führen. Mit dem höheren Körperschwerpunkt steigt zudem die Sturzgefahr.

Fazit: Lebensstil wichtiger als Größe. Spezifische Risiken aktiv reduzieren.

Bei der Bewertung der Studienergebnisse gilt es zu berücksichtigen, dass aus einem erhöhten, relativen Risiko in vielen Fällen keine signifikante Erhöhung des absoluten Risikos folgt.

Beispielsweise erhöht sich bei einer relativen Steigerung des Krankheitsrisikos um 20 %, das absolute Risiko für das Auftreten einer Krankheit mit einer allgemeinen Auftrittswahrscheinlichkeit von 15 %, um nur 3 Prozentpunkte auf 18 %.

Generell zeigen die Ergebnisse der Studien, dass die negativen Auswirkungen der Körpergröße auf das Krankheits- und Sterblichkeitsrisiko geringer sind als diejenigen von den Risikofaktoren, die man kontrollieren kann.

Eine ausgeglichene Ernährung, viel Bewegung, nicht zu rauchen und ein gemäßigter Alkoholkonsum haben einen höheren Einfluss auf die Lebenserwartung als fünf Zentimeter mehr oder weniger Körpergröße .

Zudem können spezifisch erhöhte Risiken für große Menschen, wie Thrombosen, Rückenschmerzen oder ein erhöhtes Krebsrisiko, relativ einfach adressiert werden: 

Eine ausreichende Bewegung bei langen Autofahrten oder Flügen hilft der Blutzirkulation, ein gezieltes Krafttraining verringert das Risiko für Rückenschmerzen, und regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen zur Krebsfrüherkennung erhöhen bei einer etwaigen Erkrankung die Behandlungschancen

Mit Hinblick auf die vielfältigen Vorteile einer überdurchschnittlichen Körpergröße sind die erhöhten Risiken für einige Leiden nicht nur verkraftbar, sondern auch reduzierbar. Das Leben ist schön!

Bilder von benzoix auf Freepik

2 Comments

  1. Hallo, vielen Dank für den interessanten Artikel! Mit Blick auf das geringere Demenzrisiko bei großen Menschen glaube ich allerdings, dass hierbei die verkürzte Lebensdauer großer und sehr großer Menschen dahinter steckt. Die meisten „Riesen“ erreichen gar nicht das Alter, in dem Demenz gehäuft auftritt. Oder ist dieser Effekt irgendwie ausgerechnet worden bei der Studie?

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