Die Welt von oben – 15 Tipps für entspanntes Reisen in Überlänge

Die Welt ist groß und trotzdem ist sie, wenn Große reisen, öfters mal zu klein. Ab einer bestimmten Körpergröße kommt es beim Reisen zu Besonderheiten und Problemen, die nur Große betreffen. 

Ab wieviel Zentimeter diese Schwelle erreicht wird, ist abhängig von Reiseart- und -region. Mit meiner Größe von 208 cm war sie sehr häufig relevant. Aber mindestens ab 195 cm kann es unterwegs öfters mal schwierig werden und ich denke für jede oder jeden über 190 cm sind zumindest einige der untenstehenden Erfahrungen bekannt.

Die Tipps basieren auf meinen Erfahrungen auf Reisen in über 40 Länder und dem Austausch mit anderen großen Reisenden. Für Reisende mit unbegrenztem Budget wird vieles nicht zutreffen – aber wer will schon so reisen. Ok. Langstrecke in der ersten Klasse fliegen hätte was…

Reisetipps für große Menschen

Die Größe einplanen

  • Extrabudget einkalkulieren
    Das knieschonende Buchen von Notausgängen in Flugzeugen, wie auch von geräumigeren, höheren Klassen in Bussen und Zügen, kostet mehr Geld. Falls das Reisebudget auf der knapperen Seite, diese Zusatzausgaben mit einberechnen.
  • Früh buchen und rechtzeitig anstehen
    In Flugzeugen sind Randplätze und vor allem Notausgangsplätze begrenzt bzw. schnell gebucht. Falls immer möglich früh buchen und gleich den Platz reservieren. Falls kein Notausgang möglich, unbedingt vor der Sitzplatzbuchung online schauen, welche andere Sitze am besten passen. Mehr dazu bei den Tipps zu den Verkehrsmitteln. Bei Verkehrsmitteln mit freier Platzwahl besser 30 Minuten vor Zug-/Busabfahrt vor Ort sein als fünf Stunden mit Knien neben den Ohren sitzen. Das Wissen einen guten Platz zu haben bzw. zu bekommen, lässt auch die Reisevorfreude gewaltig steigen.
  • Ausreichend passende Schuhe und Bekleidung mitnehmen
    Damenschuhe ab Größe 42 und Herrenschuhe ab Größe 47 sind in wahrscheinlich 180 Ländern der Welt schlechter erhältlich als Meteoritensplitter. In Quito habe ich viele Stunden und Shoppingcenter benötigt, um das gefühlt einzige Paar Turnschuhe in Größe 48 in Ecuador zu finden. Zumindest für längere Reisen ausserhalb von Europa und den USA empfehle ich Großen, lieber ein passendes Extrapaar Allround-Schuhe mitzunehmen.

    Bei Kleidung ist dies weniger problematisch, vor allem wenn man an Orten unterwegs ist, an denen kurze Hosen und T-Shirts dominieren. Sollten «offiziellere» Einsätze geplant oder möglich sein, dies besser schon beim Packen bedenken. Es kann an der Mehrzahl der Orte auf der Welt schwierig werden, auf die Schnelle Hemden mit extralangen Armen oder Hosen in Länge 36 und länger zu erhalten. In Südostasien besteht zumindest noch die Option sich kostengünstig etwas passendes schneidern zu lassen. Aber aus eigener Erfahrung sollte man auch da die Erwartungen an die Qualität nicht zu hoch setzen. Besser vor der Abfahrt zu Hause einkaufen. Hier eine Liste von 50 Händlern für extralange Kleidung und große Schuhe.

Richtige Verkehrsmittel und Sitze wählen

  • Beim Flug buchen, den passenden Sitzplatz reservieren
    Je nach Erhältlichkeit, Länge des Fluges und Höhe des Reisebudget ist für Große ein Platz am Notausgang natürlich der Beste. Die in der Regel ebenfalls kostenpflichtigen Sitzplätze vor einer Wand haben zwar auch extra Beinfreiheit, aber ich bevorzuge den «klassischen» Notausgang, da dann auch noch Platz unter dem Vordersitz. Allerdings kann nach meinen Erfahrungen je nach Airline und Flugdauer, der Notausgangplatz zwischen 19 Euro bis 149 Euro je Flugstrecke zusätzlich kosten.

    Für den Notausgangplatz gilt, wie auch für den normalen Platz, wann immer möglich den Gangplatz zu wählen. Der extra Raum zum Gang ist ein Gewinn, auch wenn man öfters den Getränke- und Essenswagen an die Schulter gefahren bekommt.

    Wichtig, vor allem für längere Flüge: Falls ein Notausgang nicht buchbar auf der Website Seatguru die exakte Bestuhlung des Fluges checken. Einfach die Flugnummer und Reisedatum eingeben und man erhält den genauen Sitzplan des Fluges, ergänzt mit Hinweisen zu Vor- und Nachteilen bestimmter Sitze. So habe ich bereits Notausgangsplätze am Fenster gefunden, bei denen kein Vordersitz störte (First Class Reisen zum Economy Tarif) oder vermieden für Sitze zu bezahlen, deren vermeintliche Beinfreiheit nur im Sitzplan auf der Website der Airline erschien. 
  • Im Flugzeug, den passenden Sitzplatz erfragen
    Für wahrscheinlich 90% der Passagiere spielt der Sitzabstand keine Rolle, denn es passt für die Beine. Umso mehr schmerzt es – erst beim Sehen und dann in den Knien – wenn die Notausgänge von «kleinen» Mitfliegern besetzt. Da die Nachteile der Größe fast nirgends für die Aussenstehenden offensichtlicher als beim Beobachten wie Große gebeugt durch den Gang gehen oder sich mühsam in den Sitz quetschen, ist oft ein gewisses Mitleid spürbar. Das ist der Zeitpunkt für den bittenden Blick und die freundliche Frage an das Bordpersonal, ob ein Platzwechsel möglich. Je nach deren Tagesform und der Auslastung des Fliegers, ist da oft einiges machbar. Lobend erwähnen möchte ich hier KLM, Easyjet, Thai Airways und Southwest Airlines. Manchmal funktioniert eine solche Sitzplatzoptimierung bereits beim Einchecken oder auch an dem Gate: Einfach lächeln, nochmal extra Groß machen, damit die Dimensionen des «Problems» auch hinter dem Schalter sichtbar, und fragen. 

  • Lange Busfahrten besser vermeiden und bei der Bahn upgraden

Der Überlandverkehr ist ausserhalb von Europa und Nordamerika nicht ausgelegt für Reisende über 180 cm und mit jedem Zentimeter wird es unbequemer. In Südamerika ist das Sitzen auf Einzelplätzen in normalen Bussen für mich völlig unmöglich und da hilft nur in Tickets für Busse höherer Klassen zu investieren. Der Tipp für mehr Beinfreiheit zwei Sitze zu buchen kling gut, aber scheitert in der Regel an der Umsetzbarkeit. Bei dem Versuch in einem überfüllten Bus einen vermeintlich leeren Sitzplatz zu verteidigen, hat man weder Freude noch Freunde.

Beim Thema Schlafwagen scheitert der gute Wille auch wieder an der Realität. Spätestens ab 195 cm Körpergröße ist kein bequemes Schlafen mehr möglich. Wenn es ein Schlafwagen sein soll, dann auf jeden Fall darauf achten, dass die Betten keine «harte» Begrenzung am Fussende haben und auf jeden Fall das untere Bett wählen. Meine Versuche in einem thailändischen Zug ins das viel zu kleine obere Schlafwagenbett zu kommen, haben im ganzen Wagon für viel Freude gesorgt, bis sich jemand erbarmt hat und sein unteres Bett mit mir getauscht hat. Wieder ein Vorteil der hohen Aufmerksamkeit, die Große beim Reisen in vielen Ländern mehr oder weniger geniessen. Mehr dazu weiter unten.

Passende Unterkünfte finden

  • Hotelbetten – Buy One, Get Two
Zu kurzes Bett

Die Sorge der Großen aus dem 90cm breiten Einzelbett zu fallen wird nur noch übertroffen durch diejenige, im Schlaf ein etwaiges Fussteil rauszutreten. Beides gilt es zu verhindern. Daher bei einer Vorausbuchung wann immer möglich ein Doppelzimmer zur Einzelnutzung buchen sowie ggf. anhand der Bilder der Betten vergewissern, dass sie ohne Fussende. Bei Zweifeln, ob es alles passt, kann eine freundliche Mail an das Hotel auch (Raum-)wunder erwirken.

Beim kurzfristigen buchen vor Ort sollte man sich im Zweifelsfall die Zimmer zeigen lassen. Leider gab es bisher mit dem Taj Hotel in Delhi nur ein einziges Hotel, in dem mir nach meinem Check-In ungefragt eine Bettverlängerung an das Fussende angebracht wurde. Was für ein Service!

  • Camping? Think big!
    Eines vorweg: Ich bin kein Camper und werde auch keiner. Aber eines ist für mich nach meinen wenigen Erfahrungen im Zelt und im Wohnmobil sicher. Think big! Ab 10 Meter Länge des Campers und 210 cm Innenhöhe kann es wirklich Spass zu machen. Darunter mache ich es nicht mehr…


Das Beste aus der hohen Aufmerksamkeit machen

  • Ab 200 cm besser das Reisen als bunter Elefant lieben lernen
    Was würde passieren, wenn hier durch die Fussgängerzone plötzlich ein bunter Elefant läuft? Fast jeder wird stehen bleiben, andere auf den Elefanten aufmerksam machen, Fotos schiessen und Kommentare machen. Sobald man sich klar macht, dass es für ziemlich viele Menschen auf der Welt eventuell das erste Mal ist, jemanden mit einer Körpergröße von 2 Meter und mehr live zu sehen, ist ein vergleichbares Verhalten völlig nachvollziehbar.

In jedem Land kann die Aufmerksamkeit anders sein: In Indien fehlt jedes mitteleuropäische Gefühl für Distanz und die Aufmerksamkeit kann einschüchternd bis aufdringlich wirken. Im Rest von Asien herrscht nach aussen eher Zurückhaltung, aber das Blicke werfen, kichern und tuscheln ist allgegenwärtig. In Südamerika ist es ausserhalb der Andenstaaten keine große Sache, dafür kommt in Nordamerika mehrmals am Tag die Frage, ob man Basketball spielt. 

Die Neugier und das in meiner Erfahrung damit verbundene wohlwollende Interesse, hat auch viele Vorteile: Es erleichtert die Kontaktaufnahme enorm und schafft verbal oder non-verbal sofort ein Gesprächsthema und gute Laune.

  • Den Grundwortschatz für Große in der Landessprache kennen
    «Ich bin xxx cm/inch groß», «Ich spiele/spiele nicht Basketball» (Tipp: Immer sagen man spielt), «Meine Familie ist auch so gross» und das unvermeidliche «Ja, ich bin groß» in der Landessprache und schon ist man halb integriert. Die paar Vokabeln lohnen sich zumindest für diejenigen, die länger in einem Sprachraum unterwegs sind.

  • Lächeln oder hinsetzen
    In den regelmässigen, wiederkehrenden Momenten, in denen die Aufmerksamkeit einfach nur noch anstrengend ist, einfach an den bunten Elefanten denken und lächeln. Sollte sie den Punkt erreichen, wo es nur noch nervt, einfach hinsetzen. Hilft immer und schnell.

Spezielle Reiserisiken für Große!

  • Tieffliegende Ventilatoren
    Ventilatoren verdienen einen eigenen Warnhinweis, da sie mir einmal in Thailand ein Haarbüschel kosteten (eingezogen in einem der Ventilatoren an der Decke von Marktständen, die wie Staubsauger funktionieren) und fast in Belize einmal die Fingerkuppen, falls der Deckenventilator scharfe Kanten gehabt hätte. Merke: Ab 200cm vorm Winken schauen, was sich über einem dreht…
  • Kopf anschlagen hoch zwei
    Den Kopf anzuschlagen ist der Klassiker unter den Problemen großer Menschen und eigentlich nicht der Rede wert. Aber die Gefahr steigt nochmal erheblich beim Reisen in Länder mit kleineren Durchschnittsgrößen und es kann auf Dauer wirklich schmerzhaft werden. Mittelalterliche bis altertümliche Sehenswürdigkeiten, die für die 160 cm Körpergrössen gebaut wurden, sind dabei ebenso eine extra Herausforderung wie Katakomben- und Höhlenbegehungen. Bei Zweifeln, ob man reinpasst, besser online die Erfahrungsberichte anderer nachlesen, um besser abschätzen zu können, ob es noch Spass macht oder gegebenfalls in Platzangst endet. Ein solchen Check von Bildern und Berichten habe ich intensiv vor der Begehung der ATM Höhle in Belize gemacht und zum Glück war ich drin und passte dann auch rein. 
  • Tuk-Tuks, Pick-Ups und Mopeds
    Die Nutzung alternativer Fortbewegungsmittel zu den hiesigen TÜV geprüften oder führerscheinpflichtigen, macht auf Reisen immer wieder Spass. Als Große oder Große darf man einfach nie vergessen, dass der höhere Schwerpunkt oder die falsch dimensionierten Sitzmöglichkeiten, einen schnell Mal von der Ladefläche oder dem Zweirad hauen können. Damit die Reise gesund weiter geht, besser den Sitzplatz und die Fahrweise größengerecht anpassen.

Es gibt sicher noch viele weitere Tipps, um sich als Große oder Großer das Reisen zu erleichtern. Bitte diese gerne an uns schreiben oder unten als Kommentar hinterlassen.

Für diejenigen, die gerne einmal in einer Gruppe mit anderen Grossen reisen möchten, gibt es sogar ein eigenes Reisebüro: Große Leute Reisen. Auf deren Website findet sich das Programm, wie auch Bilder und Filme zu vergangenen Reisen.

Weitere Einblicke in das Reisen in «Überlänge» bietet das Buch „Die Welt von oben – 3 Kontinente, 7 Monate und jede Menge Abenteuer in Schuhgröße 52“ des 2.05 m großen Reisejournalisten Torsten Johannknecht. In diesem Podcast-Interview spricht er über seine Reiseerfahrungen.


Anmerkung: Wir erhalten keine Vergütungen für Hinweise zu den Angeboten von Dritten.

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